Der Ortsvereinsvorstand der SPD Barop positioniert sich gegen die wachsende Ungleichheit in Deutschland und der Welt und setzt sich für mehr soziale Gerechtigkeit ein. Gemeinsam mit dem Ortsverein Eichlinghofen will er erreichen, dass das Thema die Wahlprogramme zur Landtags- und Bundestagswahl 2017 maßgeblich mitbestimmt.
Nach einem öffentlichen Vortrag des Baroper Genossen Dr. Horst Heimann haben die beiden Ortsvereine deshalb einen Antrag an den Unterbezirksparteitag (22. und 23. April) formuliert, mit dem der Unterbezirksvorstand aufgefordert wird, zur Vorbereitung der genannten Wahlprogramme Diskussionsveranstaltungen über die folgenden Schwerpunkte durchzuführen:
– Finanzierung von Zukunftsinvestitionen durch Besteuerung von hohen Einkommen, Kapitalerträgen und Vermögen
– Initiierung von Infrastrukturprogrammen für Stadt und Land, z.B. für sozialen Wohnungsbau, Verkehrswege, Kitas und Schulen, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Erneuerbare Energien oder Stadterneuerung
– Armutsbekämpfung durch einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt, SGB-II-Reform, Kindergrundsicherung und Rentenreform
– Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege für alle Bürgerinnen und Bürger
– Rückkehr zur einer Friedenspolitik, die sich an einer Stärkung der Rolle der UN orientiert, keine Beteiligung mehr an einer Politik der Interventionen und „Regime-Wechsel“
– Fairer Welthandel statt Freihandelsabkommen (TTIP, CETA), die die souveränen Rechte der Parlamente aushebeln und die Länder des Südens weiter verarmen.
Inm der Begründung heißt es:
Wenn die SPD bei der Bundestagswahl 2017 erfolgreich sein will, muss sie schon bald im Dialog mit ihren Mitgliedern und den Wählerinnen und Wählern glaubwürdig erklären: Wir wollen als führende Regierungspartei mehr Gerechtigkeit wagen und einen Politikwechsel durchsetzen, um das dramatische Anwachsen der Ungleichheit in Deutschland und der Welt zu stoppen.
Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hatte im November 2013, nach dem bescheidenen Wahlergebnis der SPD, auf dem Parteitag in Leipzig in diesem Sinne argumentiert: „Ja, die Deutschen wollten auch dieses Mal mehr soziale Gerechtigkeit und sahen das Auseinanderdriften von Arm und Reich als Problem an. Die SPD konnte die Wählerinnen und Wähler aber nicht ausreichend von ihrer eigentlichen Kernkompetenz der sozialen Gerechtigkeit überzeugen. Der Zwiespalt der Agenda- Politik war von uns nicht auszuräumen.“
Da diese Erklärung Gabriels für das unbefriedigende Wahlergebnis der SPD 2013 nach wie vor zutreffend ist, halten die Antragsteller das vom Parteipräsidium im Sommer 2015 veröffentliche Impulspapier „Starke Ideen für Deutschland 2025“ als Grundlage für die Diskussion über das Wahlprogramm 2017 für ungeeignet. Das Papier verbreitet Loblieder auf die Agenda-Politik und distanziert sich selbstkritisch von den steuerpolitischen Forderungen aus dem Wahlprogramm von 2013.
Statt für einen Politikwechsel zu argumentieren, werben die „Starken Ideen“ für 2017 um die Gunst der Union mit der Kurskorrektur: „Eine alte Trennungslinie zwischen Sozialdemokraten und Konservativen“ bei der Frage nach den Mitteln zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben existiere nicht mehr. Anders als noch im Wahlprogramm von 2013 antworten die „Starken Ideen“ auf diese Frage: „Die SPD ist gut beraten, die Antwort darauf nicht vorschnell mit dem Ruf nach höheren Schulden oder höheren Steuern zu geben.“
Die Vernachlässigung staatlicher Zukunftsinvestitionen und des „unteren“ Drittels der Gesellschaft dokumentieren die Abkehr von der „Kernkompetenz der sozialen Gerechtigkeit“, die wegen der Grundtendenz der „Starken Ideen“ keine Rolle mehr spielen kann. Das „Starke Ideen“-Papier ignoriert die dramatisch wachsende Ungleichheit völlig und malt das Bild einer wunderschönen neuen Welt nie gekannten Wohlstands und fragt nur besorgt: „Wie sichern und schaffen wir auch in Zukunft Wohlstand, Sicherheit und Zusammenhalt?“ Aber sie stellen nicht einmal die Frage: Wie können wir in naher Zukunft den heute in Armut lebenden 12, 5 Millionen Menschen, darunter etwa 5 Millionen Kindern, helfen, dass sie wieder bescheiden am sozialen, kulturellen und politischen Leben teilnehmen können und sich nicht mehr ausgegrenzt fühlen?
Wenn die SPD mit dieser „Neupositionierung“ 2017 in den Wahlkampf zieht, wird sie weitere Wähler verlieren. Nicht nur aus Verantwortung für den bedrohten Sozialstaat, sondern sogar aus Selbstachtung muss sie ihre „Kernkompetenz der sozialen Gerechtigkeit“ glaubwürdig erneuern und wieder die wachsenden unterprivilegierten Schichten ansprechen. Zahlreiche wissenschaftliche Studien und Publikationen belegen, dass der dramatische Rückgang der Wahlbeteiligung in diesen Schichten vor allem zu Lasten der SPD geht: Die Süddeutsche Zeitung (Online) titelte am 11. Mai „Arm wählt nicht“ und kommentierte: Die SPD „hat von allen Parteien die meisten Wähler … verloren“ und „in den vergangenen Jahren das Vertrauen der unteren Gesellschaftsschichten eingebüßt“.
Der Unterbezirksparteitag beschloss den Antrag mit großer Mehrheit.